Unter natürlichen Lebensbedingungen sind die Wahlmöglichkeiten in der Lebensgestaltung der Menschen weitgehend durch naturgegebene Bedingungen vorgegeben. Man mag dies als Einschränkungen bezeichnen.
Nun hat die Geschichte der menschlichen Zivilisationen auch viele Einschränkungen hervorgebracht, die nicht durch ein Gleichgewicht natürlicher Abläufe entstanden, sondern durch Machtstreben oder religiös basiertem Misstrauen in die menschliche Natur. Vermutlich aus diesem Grund schien die große Verheißung der europäischen Aufklärung Freiheit der Wahlmöglichkeiten durch Vernunft und Wissen zu sein. Und sicherlich hat die Aufklärung erheblich dazu beigetragen, dass angstbasierte religiöse Glaubensbilder ihren Würgegriff auf die Psyche der Menschen nach und nach verloren.
Doch wie so oft in der Geschichte der Menschheit hat eine ursprünglich positive Entwicklung eine Eigendynamik entwickelt, die den Menschen heute an Psyche und Körper krank macht. Endlose Wahlmöglichkeiten sind nicht ein Schlüssel zu Freiheit, sie lassen vielmehr den Menschen das Kostbare und Wesentliche des Lebens nur allzu leicht übersehen.
Prioritäten
In den Proto-Indoeuropäischen Sprachen, zu denen Deutsch, Latein, Altgriechisch und viele andere gehören, hat das Wort Priorität seine ursprüngliche Wurzel im Sanskritwort Priya, was „das Liebste“ bedeutet.
Sanskrit als Sprache ist auch der Ursprung der modernen Mathematik, da Sanskrit mathematischen Prinzipien entsprechend angeordnet ist, die die Grundlagen vieler mathematischer Bereiche wie der Kombinatorik bilden. Unsere Zahlen stammen aus dem Sanskrit und wurden 834 n. Chr. von dem persischen Gelehrten Al Kwarizmi (lateinisch Algorithmi) in die islamische Bildungswelt eingeführt, so dass sie später arabische Zahlen genannt wurden. Erwähnenswert ist all dies, weil Sanskrit und seine mathematische Seite ein Modell von Grundprinzipien des Lebens darstellen, die dem Menschen Orientierung dafür geben können, was das Wichtigste im Leben ist, Priya, das Liebste, dass deswegen diese Bezeichnung trägt, weil es den größten Wert im Leben eines Menschen hat.
Im 20. Jahrhundert hat Viktor Frankl mit seiner Betonung auf Sinn im Leben als wichtigster Ressource für Heilung von Trauma und Resilienz eine bemerkenswerte Entsprechung dieses Prinzips formuliert.
Die Tyrannei der Dringlichkeit
Wenn man sich die Lebensgestaltung in der heutigen Zeit betrachtet, fällt auf, wie viele Dinge von Menschen als wichtig, dringend oder spannend erlebt werden, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit absolut nichts zu einer nachhaltigen Verbesserung ihrer Lebensqualität beitragen werden. In dem Überangebot an Dingen, die man machen kann, mit denen man sich mental beschäftigen kann, die angeblich die ganz großen Schlüssel zu Gesundheit, Langlebigkeit oder Erfolg sind, ist das Gehirn irgendwann nur noch einem primitiven Reiz-Reaktionsmodus. Was gerade durch das Internet mit den richtigen Schlüsselbegriffen oder der richtigen visuellen Aufmachung gejagt wird, scheint wichtig zu sein.
Man könnte ja etwas verpassen.
Dieses Gefühl, etwas zu verpassen, kann mit großer Geschicklichkeit durch die Psychologie des Marketings getriggert werden. Doch die ursprüngliche Gehirnfunktion, die hinter diesem Mechanismus steckt, war dazu da, uns vor realen Gefahren für unser Überleben zu schützen. In einer Welt des Überflusses ein Gefühl von Mangel zu erzeugen, weil es nicht möglich ist, mit der eigenen Zeit und Aufmerksamkeit endlos vielen Beschäftigungen nachzugehen, war dabei nicht vorgesehen, doch genau das passiert heute sehr vielen Menschen immer wieder.
Das Gefühl der Dringlichkeit, mit dem offensichtlich unwichtige Dinge sich in den Vordergrund der Aufmerksamkeit drängen, kann der Tyrann werden, dessen Hoheitsgebiet unsere Lebenszeit ist.
Über den Tod zu reflektieren ist eine zeitlose weise Möglichkeit, Prioritäten neu zu sortieren. Würde ich mit Sicherheit in sechs Monaten sterben, was würde ich in der verbleibenden Zeit und vor allem mit meiner Aufmerksamkeit tun? Abgesehen von einigen praktischen Erwägungen, die diese Entscheidung beeinflussen würden, ist es offensichtlich, dass vieles einfach deswegen in den Hintergrund rücken würde, weil es nicht wichtig ist. Wenn eine eigene Reflektion über den Tod dazu führt, dass sich Wichtiges von Unwichtigem deutlich trennt, bedeutet das natürlich, dass man im Moment dem Unwichtigen viel Platz einräumt. Aber niemand kann uns davon abhalten, das zu ändern.
Die Fundamente zuerst, was für die Gesundheit wirklich wichtig ist
Die meines Erachtens wichtigsten Punkte sind: Zeit für Stille, Zeit in der Natur, Spaziergänge ohne Smartphone, Bewegung und dabei den Körper wirklich fühlen, Gleichbleibende Schlafrhythmen, die nicht von Social Media oder Entertainment bestimmt werden, Lebensmittel essen, die man auch essen würde, wenn man bei jedem Schritt der Erzeugung dabei wäre. Die perfekte Ernährung nach Prozenten der Makronährstoffe oder anderen mechanistischen Ideen gibt es nicht. Gesunde Völker in verschiedenen Klimazonen zeigen deutlich auf, dass der menschliche Körper weder Paleo, Keto, High Carb, Low Carb, Vegan oder Carnivore braucht, sondern einfach echte Lebensmittel. Wenn etwas mit einem kurzfristigen Geschmackserlebnis lockt, frage dich einfach, ob du es mit der gleichen Begeisterung essen würdest, wenn du jeden Schritt der Erzeugung miterleben würdest.
Echte Freundschaften, körperliche Berührung, Kontakte in der analogen Welt mit echten Menschen. Neutralisieren und Umwandeln von Elektrosmog. An diesem Punkt kommen wir in der heutigen Welt nicht vorbei, die Zunahme technisch erzeugter EMFs in den letzten 180 Jahren ist der größte unnatürliche Eingriff in unser Lebensumfeld, den es je gab. Ohne diese Unruhe kannst du dich mit vielen weiteren wertvollen Gesundheitsthemen beschäftigen, aus Interesse, um Potenziale der Lebendigkeit zu erforschen, vielleicht auch manchmal wegen einem speziellen Bedarf des Körpers.
Aber wenn die Fundamente zu wenig beachtet werden, erscheinen vielfältige und komplizierte Methoden und sehr spezialisiertes Wissen auf einmal als dringlich und dann kann man sich auf eine Reise durch den Dschungel der endlosen Gesundheitsangebote machen, ohne je ein Ziel zu erreichen.
Christian Dittrich-Opitz,
www.christian-dittrich-opitz.de