Linde

Die Linde – Baum der Heilung und Harmonie

Heilpflanze des Jahres 2025

 

Die Linde gilt seit Jahrhunderten als Baum der Heilung und Harmonie. Noch vor der Eiche ist die Linde in Deutschland der meistbesungene und in Namen, Bildern und Wappen am Häufigsten genannte und gezeigte Baum. Es gibt noch viele Beispiele dafür in unserem kulturellen Erbe, und vieles ist davon heute noch übrig. Zum einen gibt es etwa 1000 Dorf- und Städtenamen, in denen die Linde verewigt ist, wie zum Beispiel Lindau am Bodensee. Dann waren Sie sicher schon einmal in einem „Gasthof zur Linde“. Die Dorflinde war früher nämlich der Mittelpunkt dörflichen Lebens. Unter ihnen wurde getanzt und gefeiert, wurde geheiratet und trafen sich Verliebte. Dem geliebten Mädchen wurde früher am 1. Mai ein Lindenbäumchen vor die Tür gestellt. Noch heute gibt es Tanzlinden, unter und sogar in denen unsere Vorfahren das Tanzbein schwangen, und dieser Brauch kommt jetzt wieder auf. Der Herzensbaum der Deutschen war früher oft eine Thing- oder Gerichtslinde, weil man sich erhoffte, unter dem Baum, in dem man den Geist der Liebesgöttin Freya vermutete, würden die Urteile milder, also linder, ausfallen. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurden Urteile „unter der Linde gefällt“ und waren damit gültig. Die Linde galt und gilt als Friedensbaum und wurde zu Anlässen wie Friedensschluss oder Wiedervereinigung vielerorts gepflanzt. Noch heute zeugen „Marienlinden“ in und bei Klostern von der bedingungslosen Liebe der Muttergottes. Früher waren diese heiligen Linden „Freyalinden“, aber im Zuge der Christianisierung war heidnischer Baumkult der Kirche ein Dorn im Auge, und so widmete man diesen Baum der Liebe um zum Baum der Mutter Maria. Die Linde ist noch immer Kult-, Sagen- und Mythenbaum und hat sich schon längst als Herzensbaum im Herzen des Volkes den ersten Platz erobert.
Die Linde ist nicht nur ein besonders schöner Laubbaum, sondern aufgrund ihrer vielfältigen Heilwirkungen „wie gemacht für unsere moderne Welt“. Sie verspricht bei vielen Leiden unserer Zeit Linderung. Tatsächlich, die Linde scheint wie vom Himmel gefallen für den Menschen der heutigen Zeit. Alle ihre Teile sind essbar: Blatt, Blüte, Knospe, Samen und Rinde. Ihre Vitalstoffdichte und Fülle an bioaktiven Substanzen wie Polyphenolen ist beeindruckt. Nahrungsmittel weisen immer weniger Vitalstoffe auf aufgrund falscher Züchtungsziele auch im Bio-Anbau, ausgelaugter Böden und langer Transportwege. Hier schafft die Linde einen willkommenen Ausgleich. Die Linde hilft bei Bluthochdruck, einem erhöhten Blutzuckerspiegel und Energiemangel. Was mich selbst überrascht hat: dass diese „Heilpflanze des Jahres“ so hilfreich auch auf der seelischen Ebene wirkt. Sie löst Ängste, wirkt stimmungsaufhellend, hilft bei Aufmerksamkeitsdefizit ADS, Nervosität, Melancholie, Sorgen, Trauer und Schlafstörungen.
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien zu allen Pflanzenteilen der Linde. Die angstlösende und stimmungsaufhellende Wirkung der Linde ist gut belegt. Flavonoide in Lindenblättern wie Quercetin mildern depressive Verstimmungen. Auch Glykosil Derivate wirken auf das Zentralnervensystem als natürliches Antidepressivum. Lindenknospen fördern die Bildung von GABA, einem Neurotransmitter. Linde kann Schlaganfällen vorbeugen und die Symptome lindern. Von Schlaganfall sind immer mehr auch jüngere Menschen betroffen. Zahlreiche Studien belegen die antientzündliche Wirkung von Linden-Extrakten auch von Gehirnzellen, die Vermehrung von Leukozyten stärkt das Immunsystem, Linden-Extrakte wirken antibakteriell sogar gegen multiresistente Krankenhauskeimes, aber auch gegen pathogene Viren und Pilze wie Candida albicans. Zum Thema Krebs gibt es bisher erst Laborversuche. Diese ergaben, dass die Polyphenole in der Linde gegen alle Arten von menschlichen Krebszellen aktiv sind.
Die Inhaltsstoffe der Linde verfügen über antioxidative Eigenschaften. Tatsächlich enthalten sämtliche Teile des Lindenbaums zahlreiche antioxidativ wirkenden Substanzen. In den Blüten finden sich Farnesol, Glykoside und Phenolsäuren, in den Blättern sind dies vor allem Linarin, Gerbsäuren und Harzsäuren, in den Samen oder Früchten sind es vor allem Flavonoide und Vitamin E, in den schmackhaften Knospen in erster Linie Anthozyane und Sesquiterpene, im Lindenholz vor allem Steroide und Triterpene. Selbst der Lindenbast hat ein hohes antioxidatives Potential. Wenn man bedenkt, dass der Gegenspieler zu Antioxidantien, freie Radikale, an der Entstehung so gut wie jeder Krankheit beteiligt ist und vorzeitige Alterungsprozesse fördert, weiß man das antioxidative Potential dieses Heilbaumes zu schätzen.
Schon in der Volks- und Hausmedizin wird der Lindenblütentee bei Erkältungskrankheiten und zur Beruhigung eingesetzt. Schon Lindenblütentee wirkt nicht nur gegen zu hohes Fieber und bei Erkältungen, sondern auch als nebenwirkungsfreies Schlafmittel und bei Eisenmangel. Lindenholzkohle wirkt bei Durchfall, Darmentzündungen und Schwermetallbelastung und äußerlich bei Mundgeruch und Zahnfleischentzündungen. Ein kühler Umschlag aus Lindenblüten- oder Blättertee beruhigt die Haut bei Sonnenbrand und Insektenstichen. Lindenrinde und –Blätter wirken äußerlich angewendet als Wundheilmittel. Cremes auf Lindenbasis, die man sich leicht selbst herstellen kann, wirken Pickeln und Falten entgegen. Stark gebrauter Lindenblütentee schenkt glänzendes Haar. Lindenknospen, -blätter und -blüten beruhigen das Herz und die Nerven. Linden-Extrakte lassen einen zu hohen Blutzuckerspiegel sinken und verbessern die Insulinsensitivität.
Blüten, Blätter und andere Teile des Baumes sind essbar und völlig ungiftig, und Zubereitung sowie Anwendung können unkompliziert zu Hause durchgeführt werden. Zu jeder Jahreszeit hat die Linde etwas zu bieten. Im Winter und Frühjahr kann man die Knospen als Power-Nahrung ernten, im Frühling die jungen Blätter für einen leckeren Wildkräuter-Salat, im Sommer die Blüten für Tees und Salben, und im Herbst die köstlichen Samen, die lecker schmecken im Müsli oder im Salat. Grüne frische Blätter wachsen aus Stamm und Wurzel bis zum Frost nach und eignen sich für Pestos, Salate und Smoothies. Jeder kann ganz einfach ein Nahrungsergänzungsmittel aus Lindenblättern herstellen. Bei Rohkosttemperatur Lindenblätter trocknen. Nach Bedarf in einer Kaffeemühle pulverisieren. Einen Teelöffel in Smoothie oder Salat tun oder im Schüttelbecher in Wasser auflösen und trinken. Beim Joggen zupfe ich mir oft Lindenblätter oder –knospen ab und esse sie an Ort und Stelle. Alle Teile des Baums sind völlig ungiftig und damit essbar. Außerdem schmecken sie lecker: Blätter, Blüten, Knospen und Samen. Der Herzensbaum der Deutschen hat viel zu bieten für unser seelisches Wohlergehen und unsere Gesundheit. „Bäume essen“: tun wir es unseren Vorfahren gleich, die Linden als Energie- und Kraftspender verehrten.

Barbara Simonsohn, „Die Linde – Baum der Heilung
und Harmonie. Rezepte und Anwendungen für Gesundheit,
Kosmetik und Küche“, Mankau 2025, 12,- Euro